20070310

LEBENSCHANCEN & ZIVILISATION sk-06

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Geregelter Konflikt ist Freiheit, denn er bedeutet, dass niemand seine Position zum Dogma erheben kann. Die Freiheit von Willkür und Tyrannis ist nicht gering zu schätzen. Viele starben dafür.

Nach Popper hat Geschichte keinen Sinn, wir müssen ihr einen Sinn geben.

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Quelle: Der moderne soziale Konflikt von Ralf Dahrendorf, Stuttgart 1992 (1), München 1994, dtv Taschenbuch
Exzerpt: transitenator
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Max Weber liebte den Begriff der Chance. Chancen sind mehr als Voraussetzungen des Handelns und doch weniger als tatsächliche Handlungsweisen.

Bei den Konflikten der modernen Gesellschaft geht es um menschliche Lebenschancen. Mehr Lebenschancen für mehr Menschen sind die Absicht der Politik der Freiheit.

Der Begriff der Lebenschancen ist zentral für unser Verständnis der Moderne wie auch für jede liberale Theorie.

Lebenschancen sind eine Funktion von Option und Ligaturen.

Optionen sind in sozialen Strukturen gegebene Wahlmöglichkeiten, Alternativen des Handelns (allgemein formuliert), deutlicher: Optionen sind die je spezifische Kombination von Anrechten und Angebot.

Wir brauchen Anrechte und Angebot, wenn wir menschliche Wohlfahrt vorantreiben wollen. Menschen brauchen Zugang zu Märkten, politischen Entscheidungsprozessen und kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten, aber diese Bereiche müssen auch viele und vielfältige Wahlchancen anbieten.

Keine Gesellschaft, die nicht beides besitzt, kann ernstlich zivilisiert genannt werden.

Optionen als Bestandteil der Lebenschancen sind also eine Funktion von Anrechten und Angebot, auch wenn diese komplizierter ist als eine Summe oder ein Produkt.

Lebenschancen sind nur zu einem Teil Optionen, ihr anderer Teil (die Ligaturen) hat es mit den Koordinaten zu tun, innerhalb derer Optionen Sinn ergeben.

Wie findet manfrau den Weg durch die Welt der Optionen?

Ligaturen sind tiefe kulturelle Bindungen, die Menschen in die Lage versetzen, ihren Weg durch die Welt der Optionen zu finden.

Moralische Werte, Zugehörigkeiten zu Familie, Gemeinde, Traditionsgruppe, Kirche, also 'Bindungen' die eine gewisse 'Verbindlichkeit' (Obligation) haben.

Modernität richtete zunächst ein Werk der Zerstörung an (so sind sich Tocqueville und Marx einig). Modernität ist für viele im Kern ein Bruch mit den Ligaturen früherer Zeiten. (Nietzsche: Gott ist tot).

Am Ende der Welt ohne Ligaturen sind dann die falschen Götter nicht weit.

Kant hatte eine andere Tradition des Verständnisses der modernen Welt, eine Tradition ohne Nostalgie und Utopie und auch ohne Zynismus: "Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"

Auch Max Weber lobte später die Rationalität. Wenn traditionale Formen zerbrechen, florieren nicht nur Wissenschaft und Technik, sondern es entsteht 'der Staat' überhaupt im Sinne einer politischen Anstalt.

Der Staat mit rational gesatzter Verfassung, rational gesatztem Recht und einer an rationalen, gesatzten Regeln und Gesetzen orientierten Verwaltung und es wird schließlich der moderne Kapitalismus geboren. Anrechte und Angebot also. Die Moderne eröffnet vorher ungeahnte Lebenschancen.

Gibt es spezifische moderne Ligaturen, tiefe Bindungen die ihre Kraft nicht dadurch verlieren, daß 'alles Stehende verdampft'?

Dahrendorf's Antwort: Die civil society, die Bürgergesellschaft!
(an Stelle der Ligaturen).

Die Welt der Anrechte und des Angebots, der Politik und der Ökonomie kann nicht für sich bestehen; beide müssen verankert sein in der Welt der Gesellschaft.

Die Freiheit ruht auf drei Säulen, dem Verfassungsstaat (der Demokratie), der Marktwirtschaft und der Bürgergesellschaft.

Immer geht es bei der Bürgergesellschaft darum, das Vakuum zwischen staatlicher Organisation und atomisierten einzelnen Menschen mit Strukturen zu füllen, die dem Zusammenleben Sinn geben.

Die Bürgergesellschaft ist also nicht einfach eine Gesellschaft von Individuen, sondern von Bürgern im vollen Sinne des Wortes. Sie ist damit ein Ergebnis der Zivilisation und nicht der Natur.

Demokratie und Rechtsstaat taugen wenig ohne die Bürgergesellschaft. Bürgergesellschaften sind ausnahmslos modern.

Erfüllte Lebenschancen verlangen die Ligaturen der bürgerlichen Gesellschaft. Ohne die Strukturen der Bürgergesellschaft bleibt die Freiheit ein schwankendes Rohr.

Kant wusste, was die Verbindung von Recht und Freiheit verlangt und er nannte es bürgerliche Gesellschaft. (Marx verlegte ihre Ankunft auf den Sankt-Nimmerleins-Tag).

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