20070306

FIGURENWANDEL PROZESSKABINE zt-03

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Elias frägt, warum sich diese hoch entwickelte Gesellschaft zu diesem Stand der Differenzierung hin entwickelt hat. Die statischen Bezugsrahmen der vorherrschenden Systemtheorien lassen soziale Prozesse als etwas Zusätzliches erscheinen.

Selbst 'Struktur' und 'Funktion' tragen den Stempel dieses spezifischen Denkstils der Zustandsreduktion an sich. Struktur und Funktion als ruhende Zustände, Veränderungen als Sonderkapitel, als sozialer Wandel als Attribute eines Ruhezustandes.

"Man bringt mit anderen Worten die zustandsorientierte Grundeinstellung dadurch in Einklang mit den empirischen Beobachtungen gesellschaftlicher Wandlungen, dass man in das theoretische Wachsfigurenkabinett unbeweglicher gesellschaftlicher Erscheinungen noch ein paar ebenfalls unbewegliche Sonderfiguren mit Namensschildern wie 'sozialer Wandel' oder 'sozialer Prozess' hineinstellt" (S. XXII).

So kommt es, dass der Begriff der 'gesellschaftlichen Entwicklung' aus dem Gesichtskreis der zeitgenössischen soziologischen Theorie fast völlig verschwunden ist.

Warum unterscheiden sich die Probleme und Lösungsschritte des Elias von den herrschenden zeitgenössischen (Anm: 60er Jahre)?

Wie ist es zu erklären, dass für die Soziologie des 19. Jhs. die langfristigen gesellschaftlichen Prozesse im Vordergrund des Forschungsinteresses standen und dass die Soziologie des 20. Jhs zu einer Zustandssoziologie geworden ist?

Elias konstatiert eine Verlagerung des zentralen Forschungsinteresses und spricht von einer Rückbildung der soziologischen Denkapparatur (S. XXIII).

Der offenbarste Grund ist, dass der Begriff der Entwicklung unter Soziologen in Verruf geraten ist. Es hat sich gezeigt, dass die theoretischen Modelle der langfristigen gesellschaftlichen Entwicklung (Comte, Spencer, Hobhouse, Marx) zum Teil auf Hypothesen beruhten, die primär durch die politisch-weltanschaulichen Ideale dieser Männer und bestenfalls sekundär durch ihre Sachbezogenheit bestimmt waren (S. XXIV).

Viele der selbstverständlichen Glaubensartikel der Pioniere der Soziologie des 19. Jhs. wurden von den Vertretern des gleichen Faches im 20. Jh. nicht mehr akzeptiert. Dazu gehörte vor allem der Glaube, dass die Entwicklung der Gesellschaft notwendigerweise eine Entwicklung zum besseren, eine Veränderung in Richtung des Fortschritts sei.

Dieser Glaube wurde abgelehnt. Eine reifere Wissenschaft (so Elias) hätte sich Mühe gemacht, die älteren Forschungsmodelle revidiert und korrigiert, herausgearbeitet welche Aspekte als Forschungsergebnisse dienen könnten und welche Aspekte auf den Friedhof der toten Doktrinen kommen.

Statt dessen scharfe Reaktion und Konzentration auf ruhende Zustände. Man nahm sich nicht die Mühe zwischen den sachgerechten Gedankenmotiven und den ideologischen Gedankenmotiven des Entwicklungsbegriffes zu unterscheiden. Es wurde als selbstverständlich unterstellt, dass soziale Prozesse unausweichlich den alten Fortschrittsgedanken mit einschließen (S. XXV).

Das Modell der langfristigen Gesellschaftsentwicklung folgt einer Art von heraklitischer Grundvorstellung- alles fließt während das Modell der Zustände von einer Art eleatischen Grundvorstellung (Flug des Pfeils als eine Serie von Ruhezuständen) geprägt ist.

Wie erklärt sich dieser 'Pendelausschlag'?
Auf den ersten Blick als Reaktion von Wissenschaftlern, (siehe oben) gegen die Einmischung politisch-weltanschaulicher Ideale in die Theoriebildung ihres Fachs. Aber es war letztendlich eine Reaktion gegen das Primat bestimmter Ideale im Namen zum Teil entgegengesetzter Ideale.

Spezifische Vorstellungen also von dem, was sein soll oder was man sich wünscht. Also ein Umschlag im Charakter der sozialen Ideale, der vorherrschenden Ideale.

Dieser Umschlag weist hinter sich auf einen spezifischen Figurationswandel zurück, den die innerstaatlichen und die zwischenstaatlichen Beziehungen der älteren Industriestaaten als Ganzes im 19. u. 20. Jh. durchlaufen.

Elias spricht von Figurationswandel. "Denn man kann erst dann hoffen, soziologische Erkenntnisse zutage zu fördern, die sachgerecht genug sind, um bei der Bewältigung der akuten gesellschaftlichen Probleme von nutzen zu sein, wenn man aufhört, vorgefassten Vorstellungen von dem, was die Lösung dieser Probleme den eigenen Wünschen entsprechend sein soll, bei der Stellung und Lösung von soziologischen Problemen den Vorrang vor der Untersuchung dessen, was ist, zu geben" (S. XXVIII).

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