20070310

EINTRITTSKARTEN sk-04

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Zur Erläuterung der Begriffe 'Anrecht' und 'Angebot' bringt Dahrendorf das Beispiel Nicaragua und sucht eine Antwort auf die Frage: Warum kann manfrau nicht sowohl Zugang für alle, als auch eine Fülle von Gütern haben?

Beispiel Nicaragua: Vor der kommunistischen Machtübernahme waren die Regale in den Märkten voll aber niemand konnte etwas kaufen, nachher waren die Regale ziemlich leer.

Das Martinez Paradox: Von Wachstum ohne Umverteilung zu Umverteilung ohne Wachstum.

Das Doppelgesicht der Moderne: Unterscheidung zwischen dem Zugang den Menschen zu Dingen haben und den Dingen, die es gibt um ihre Wünsche zu befriedigen.

Amartya Sen's Begriff des Entitlement, des Anrechtes. Dieser beschreibt eine Beziehung zwischen Personen und Gütern, durch die deren Zugang zu und Kontrolle über Güter 'legitimiert' wird.

Anrechte geben Menschen einen rechtmäßigen Anspruch auf Dinge. Es ist daher nicht die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, sondern die Menge von Zugangschancen (Sen spricht von der Anrechtsmenge) im Besitz sozialer Gruppen oder vielmehr deren Schwinden und endliches Verschwinden, das die großen Katastrophen in Asien und Afrika erklärt (S. 26).

Amartya Sens Theorie besagt also, dass es zumindest in bestimmten Fällen nicht so sehr das Fehlen von Gütern wie das Vorhandensein von sozialen Barrieren ist, das den Tod von vielen Tausenden erklärt.

Selbst wenn Bedürfnisse unabweisbar dringlich werden, wenn es also ums Überleben geht, verletzen Menschen (die Mehrheit) soziale Normen nicht, sondern ergeben sich in ihre Lage, als sei sie ihr Schicksal.

Das Recht steht zwischen der Verfügbarkeit von Lebensmitten und dem Anrecht auf Lebensmittel. Wenn manfrau nicht mehr Lebensmittel, sondern weniger Privilegien braucht, dann liegt die einzige Abhilfe in drastischen sozialen Veränderungen (S. 26).

Hungerkatastrophen lassen sich sinnvoll als ein Versagen von Anrechtsbeziehungen analysieren (S. 27).

Sens technischer Begriff der Anrechte konzentriert sich auf die Fähigkeit von Menschen, Güter mit den in einer Gesellschaft verfügbaren rechtlichen Mitteln zu kontrollieren.

Das ist keine persönliche Fähigkeit, sondern sie ist selbst sozial strukturiert; Sen spricht später von acquirement- Erwerbbarkeit. Besser noch wäre Webers Begriff der 'Erwerbschancen'.

"Das Anrecht einer Person bezeichnet die Menge unterschiedlicher alternativer Warenbündel, die eine Person sich mit Hilfe der verschiedenen legalen Methoden der Erwerbbarkeit, die für jemanden in ihrer Position offenstehen, aneignen kann". (S.##).

Dieser legale Anspruch kann sich gründen auf Eigenschaften (Anlagen) oder Tätigkeiten (Tauschhandlungen).

Die Anrechtsmenge einer Person wird gebildet durch:
Ererbte Eigentumstitel, auf Handel oder Produktion beruhende Anrechte, Rechte auf Grund eigener Arbeit, Transfer Anrechte. (S. 27). Sen verwendet den Begriff Anrecht deskriptiv und nicht präskriptiv.

Anrechte sind sozial definierte Zugangsmittel, Eintrittskarten. Anrechte haben eine normative Qualität, einen Grad der Festigkeit so daß sie nicht ohne Kosten beseitigt werden können.

Auch Grundrechte sind Anrechte, sowie die verfassungsmäßig garantierten Rechte aller Mitglieder einer Gesellschaft, weiters die Bürgerrechte und der Zugang zu den Märkten.

Reallöhne schaffen Anrechte. Geld hat im allgemeinen Anrechtscharakter. Fallendes Einkommen bedeutet eine Veränderung von Anrechten.

Weiterer Aspekt von Anrechten: Eintrittskarten öffnen Türen sonst bleiben sie verschlossen. Anrechte ziehen Grenzen und schaffen Barrieren. Sie sind nicht graduell (eine halbe Eintrittskarte = keine Eintrittskarte).

Anrechte wachsen oder schrumpfen in Stufen, sind nicht kontinuierlich, sie werden geschaffen oder beseitigt, gegeben oder genommen. Anrechte können auch Türen zu nicht-ökonomischen Gütern öffnen wie das Wahlrecht und das Anrecht auf Bildung.

Um das ganze Spektrum jener materiellen und immateriellen Wahlmöglichkeiten zu beschreiben die durch Anrechte geöffnet werden verwendet Dahrendorf den Begriff Angebot. (Statt zB. Güter oder Wohlfahrt).

Das Angebot ist Auswahl im Sinne einer Auswahl von zur Wahl stehenden Gegenständen (kleine oder große Auswahl). Angebot ist der in gegebenen Aktionsfeldern vorhandene Fächer alternativer Möglichkeiten.

Diese Alternativen sind selbst strukturiert durch den Erfindungsreichtum von Märkten, durch die Wünsche von Menschen, durch den Geschmack, durch organisierte Präferenzen.

Der Begriff Angebot ist eher quantitativ als qualitativ, eher ökonomisch als rechtlich oder politisch. Angebote variieren nach ihrer Menge und nach ihrer Vielfalt.

Das Problem des moderen sozialen Konflikts lässt sich nun immerhin schon mit Hilfe dieser Begriffe formulieren.

Die Industrielle Revolution war in erster Linie eine Angebotsrevolution. Sie führte am Ende zu einem großen Anwachsen des Volkswohlstandes. Die Französische Revolution war andererseits eine Anrechtsrevolution.

Angebotsparteien und Anrechtsparteien -eine Politik des Wirtschaftswachstumes und eine Politik der Bürgerrechte- lagen und liegen im Streit miteinander (S. 31).

(Dahrendorf bemerkte hier auch noch zu seinen Ausführungen: "Vokabeln sind keine Theorien. Begriffe müssen laufen lernen, bevor manfrau mit ihnen etwas anfangen kann. Das gilt auch für das Begriffspaar Anrechte und Angebot").

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