20070428

Ritter, Mittelalter, Herrenbewusstsein, zt-40

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Die Frage, warum sich Verhalten und Affektlage der Menschen ändern, ist im Grunde die gleiche, wie die, weshalb sich die Lebensformen der Menschen ändern.

Die Ritterfunktion, diese Lebensform, war von einer bestimmten Zeit ab im Gefüge der Gesellschaft nicht mehr vorhanden. Andere Funktionen wie die des Zunfthandwerkers oder des Priesters, die in der mittelalterlichen Phase eine Rolle spielte, verloren an Bedeutung im Gesamtgefüge der gesellschaftlichen Beziehungen.

Warum verändern sich die Funktionen, die Lebensformen, in die sich der Einzelne, wie in mehr oder weniger fest modellierte Gehäuse, ein passen muss, im Lauf der Geschichte?`
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Quelle: Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation, Erstmals veröffentlicht 1936, Francke Verlag: 1969 2. Auflage,Suhrkamp:1976 1. Auflage,19. Auflage 1995 Exzerpt: transitenator.
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Wie lebten die Ritter? Welcher Lebensraum öffnete sich dem adlig Geborenen? Elias schildert nun Bilder aus dieser Zeit. Es ist vor allem die Art der Darstellung die Unterschiede der Gefühlslagen unterstreicht.

Wenig ist hinter die Kulissen verlegt. Das Peinlichkeitsempfinden der mittelalterlichen Oberschicht verlangt noch nicht, dass alles Vulgäre hinter die Kulissen des Lebens und damit auch der Bilder verdrängt wird.

Es befriedigt die Affekte der oberen sich von den anderen unterschieden zu wissen. Der Anblick des Kontrastes erhöht die Lust am Leben.

Es ist nicht peinlich, dass die Edlen Muße haben und andere für sie arbeiten.

Es fehlt die Identifizierung von Mensch zu Mensch.

Ein 'alle Menschen sind gleich' gibt es noch nicht am Horizont dieses Lebens.

Herrenbewusstsein und selbstsichere Verachtung der anderen. Die oberste Schicht ist eine Kriegerschicht. Erst später wird die Oberschicht auch von den anderen Schichten abhängig.

Die Bilder aus dem Mittelalter die Elias betrachtet sind noch nicht 'sentimentalisch', weil aus ihnen noch nicht jene starke Gebundenheit der Affekte spricht, die von nun an während einer langen Phase in der künstlerischen Darstellung für Oberschichten immer ausschließlicher deren Wunschbilder zutage treten ließ, und die zur Unterdrückung alles dessen zwang, was dem vorrückenden Peinlichkeitsstandard widersprach (S. 293).

Im Mittelalter ist die Welt um den Ritter zentriert. Die erotische Beziehung zwischen Mann und Frau ist sehr viel unverdeckter als in der späteren Phase. Die Nacktheit ist noch nicht mit Schamgefühlen belegt.

Aber die Menschen sind keineswegs in irgendeinem absoluten Sinn ungebunden und gesellschaftlich unmodelliert. Es gibt in dieser Hinsicht keinen Nullpunkt.

Schon im 15. Jahrhundert bildet sich aus aufsteigenden Elementen eine neue Aristokratie mit einem neuen Lebensraum, neuen Funktionen und mit einer anderen Affektmodellierung.
Ein neuer Zwang, eine neue, eingehendere Regulierung und Modellierung des Verhaltens, wie sie das alte ritterliche Leben weder nötig, noch möglich machte, wird jetzt von dem Edelmann verlangt.

Das sind Konsequenzen der neuen stärkeren Abhängigkeit, in die der Edelmann jetzt geraten ist. Er ist nicht mehr der relativ freie Mann, der Herr in seiner Burg ist, und dessen Burg seine Heimat ist. Er lebt jetzt am Hof und dient dem Fürsten.

Am Hof lebt er mit vielen anderen zusammen. Er muss lernen, seine Gesten dem verschiedenen Rang und Ansehen der Person am Hofe entsprechend genau zu dosieren, seine Sprache genau ab zumessen und selbst seinen Blick genau zu kontrollieren.

Es ist eine neue Selbstdisziplin, ein unvergleichlich viel stärkeres An-sich-halten, die dem Menschen durch diesen neuen Lebensraum und die neue Integrationsform aufgezwungen werden (S. 300).

Was als 'courtoisie' ausgedrückt wurde, findet nun als 'civilité' ihren Ausdruck. In Frankreich wird Heinrich IV. zum Vollstrecker dieser Wandlung.

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