20070619

Mittelalter Neuzeit Städte Stände Adel Bürgertum zt-63

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Die Gewinnung von Kommunalrechten durch die Städte ist der erste Markstein auf diesem Wege. Erst allmählich erfassen die Könige den Nutzen dieser ungewohnten Gebilde und es braucht Zeit bis erkannt wird, dass sie eine gewaltige Vergrößerung der eigenen Chancen bedeutet.
Dann aber fördern sie mit großer Konsequenz die Interessen dieses dritten Standes, soweit es ihren eigenen Interessen entspricht. Sie fördern vor allem die steuerbare, finanzielle Potenz der Bourgeoisie.

Aber sie bekämpfen mit allem Nachdruck den Anspruch der Städte auf Herrschaftsfunktionen. Der Anstieg des Königtums und des Bürgertums stehen in engster, funktioneller Abhängigkeit voneinander (S. 255).

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Literatur und Quellenhinweis: Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation; Band 2 Erstmals veröffentlicht 1936; Francke Verlag: 1969 2. Auflage; Suhrkamp: 1976 1. Auflage; 19. Auflage 1995; Ausgewählte Quoten, Gestaltung & Anmerkungen: Transitenator
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Es fehlte auch nicht an Versuchen von Adel und Bürgertum, gegen den König zu packeln. Könige finden sich im Mittelalter in Situationen, in denen sie für bestimmte Maßnahmen die Einwilligung der versammelten Ständevertreter suchen müssen (S. 256).

Die ständischen Parlamente (wie Parteiparlamente) funktionieren, wenn eine unmittelbare Verständigung zwischen den Schichtenvertretern möglich ist. Umso größer die Spannungen in der Gesellschaft werden, umso größer werden die Machtchancen für den Zentralherrn.

In der mittelalterlichen Welt lebt jeder Stand in einem Bezirk für sich und sie konkurrieren noch nicht häufig. Nur an einer Stelle der Gesellschaft drängen aufsteigende, bürgerliche Elemente mit Hilfe des Königtums Ritter und Geistliche allmählich aus ihren Positionen: innerhalb der Herrschaftsapparatur, als Beamte (S. 256,257).

Im Gebiete Frankreichs steigt mit dem Wachstum der Städte zugleich der Anteil städtischer Elemente an den Posten der Königsverwaltung und diese Elemente durchdringen hier allmählich bereits während des Mittelalters den Herrschaftsapparat bis zu einem Grade, der in den meisten, deutschen Territorien noch bis weit in die Neuzeit hinein nicht erreicht wird (S. 258).

Die Bürger gelangen in diesen Apparat auf einem doppelten Weg. Durch den wachsenden Anteil an den weltlichen Stellen und dann durch ihren Anteil an geistlichen Stellen (clercs, Männer, die studiert haben und Latein lesen und schreiben können).

Der Verwaltungsapparat säkularisiert sich allmählich und man (manfrau eher die Ausnahme) lernt Latein nun auch um Beamter zu werden.
Die Mehrzahl der Bürgerlichen aber gelangt durch das Studium, durch die Kenntnis des kanonischen und römischen Rechts in die höheren Bezirke des Herrschaftsapparats.
Das Studium wird zu einem normalen Aufstiegsweg für die Söhne der städtischen Spitzenschichten.
Bürgerliche Elemente drängen langsam die adligen und geistlichen Elemente in dem Herrschaftsapparat zurück. Die Schicht der Fürstendiener, der Beamten wird -zum Unterschied von Deutschland- zu einer ausschließlich bürgerlichen Formation (S. 258).

Es bildet sich mit dem Wachstum des Königsbesitzes eine Spezialistenschicht, deren soziale Stellung in erster Linie von ihrer Dienststellung abhängt, deren ständisches Prestige, deren persönliches Interesse mit den Interessen des Königtums und des Herrschaftsapparates weitgehend identisch sind.

Nun sind die Angehörigen des dritten Standes die Schreiber, Räte, Steuerverwalter, Mitglieder des Gerichts, die die Interessen der Zentralfunktion und die Kontinuität der Königspolitik über das Leben des einzelnen Königs hinaus wahren. Hier tragen bürgerliche Schichten das Königtum und die Könige bürgerliche Schichten hoch (S. 259).

Mit der Zurückdrängung des Adels aus der Herrschaftsapparatur erlangt das Bürgertum eine Machtposition von großer Bedeutung. Es sind in Frankreich nicht die reichen Kaufleute, nicht unmittelbar die Zünfte, die in den Auseinandersetzung mit dem Adel das Bürgertum repräsentieren, es ist die (hohe) Beamtenschaft in ihren verschiedenen Formationen (S. 259).

Am Anfang des 17. Jahrhunderts (Anmerkung: gilt nicht als Mittelalter das ist 'Neuzeit'. Das 'Mittelalter' dauert so bis ca. 1500 oder je nachdem)erhebt diese (die Beamtenschaft) den Anspruch dem Adel sozial gleichwertig zu sein.
In dieser Zeit hat die Verflechtung zwischen Adel und Bürgertum jene Stärke erreicht, die dem Zentralherrn eine besonders große Macht sichert (S. 260). Diese Gewichtsverschiebung zuungunsten des Adels geht nur zum Teil auf bewusste und planmäßige Aktionen bürgerlicher Kreise zurück.

Die Interdependenz, König-Bürgertum ist eine Folge des Konkurrenzmechanismus, durch den der Adel quasi auf eine Stufe wie das Bürgertum gerät. Sie ist vor allem eine Folge der fortschreitenden Geldverflechtung. Mit der ansteigenden Vermehrung des Geldvolumens geht die ständige Geldentwertung Hand in Hand. Der Adel verarmt (S. 261).

Die Religionskriege verdecken mit Trubel und Unruhen die wahre wirtschaftlichen Umwälzungen. Sie wecken bei den Kriegern Hoffnungen von leichten Beutezügen, Rettung vor dem Absturz, aber sie (die Ritter) ahnen nichts von den wirtschaftlichen Umwälzungen, die sie getroffen haben.
Das Geld vermehrt sich, die Preise steigen und sie wissen nicht warum. Sie sind von Schulden bedrängt und oft ruiniert. Die Männer der Robe drängen auf Bezahlung und bemächtigen sich der Adelsgüter und oft genug der Adelstitel (S. 262).

(Anmerkung: Warum haben die Ritter diese Preissteigerungen so gespürt, wenn sie doch eigenen Boden hatten und gewissermaßen autark waren. Haben sie ihre Ansprüche erhöht, wofür brauchten sie Geld? Antwort: Da waren die Kriegssteuern, aus denen später die Steuern hervorgingen).

Der Kriegeradel begreift die Kräfte und die Gewalt der Prozesse nicht, die ihn aus seiner angestammten Position drängen. Sie müssen nun mit den Männern des dritten Standes um Geld, um die eigenen Böden und um den sozialen Vorrang konkurrieren. Damit stellt sich jene Gleichgewichtsapparatur her, die einem Einzelnen, dem Zentralherrn, seine optimale Verfügungsgewalt gibt (S. 263).

Schon in den Kämpfen des 16. u. 17. Jahrhunderts sind bürgerliche Korporationen so reich, stark und zahlreich, dass sie den Machtansprüchen des Adels stärksten Widerstand entgegensetzen können. Der Adel ist ökonomisch zu schwach um eine ständige Bedrohung zu sein. Er kann nicht über die städtischen Menschen und ihre Abgaben verfügen.

Dem Adel entgleitet in dieser Zeit die Funktion der Verwaltung und der Rechtssprechung völlig. Diese Funktionen liegen ganz in den Händen bürgerlicher Korporationen. Der König erscheint jeder Schicht oder Körperschaft als Helfer gegenüber der Bedrohung durch andere Gruppen, deren sie allein nicht Herr werden können (S. 263).

Spitzengruppen sind nicht an einer radikalen Änderung der bestehenden Ordnung interessiert. Die Vielfalt der Spannungen stärkt so die Herrschaftschancen der Könige.

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