20070605

Dahrendorf Liberale Agenda Innovation Kontrolle sk-42

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Dahrendorf Liberale Agenda-1
Fragen der politischen Ordnung. Minimierung der Kosten des Irrtums. Verfassung der Freiheit.
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Hinweis auf Quelle bzw. verwendete Literatur:
Der moderne soziale Konflikt von Ralf Dahrendorf,
Stuttgart 1992 (1), München 1994, dtv Taschenbuch,
Textauswahl für dieses Blog: Transitenator
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Fragen der Verfassungspolitik sollten im Normalfall nicht zu Diskussion stehen aber am Anfang der 90er Jahre ist etwas faul an ihnen allen. Im Osten müssen Verfassungen von Anfang an errichtet werden. Manche der älteren Demokratien Europas (Deutschland, Skandinavien), sind noch immer in einem Sumpf von bürokratischer Stagnation und Korporatismus gefangen.

Angesichts solcher Fragen und der erklärten Grundabsicht einer schlanken auf das Nötige konzentrierten Staatsverfassung ist es wichtig, an den ersten Grundsatz der Verfassung der Freiheit zu erinnern, der lautet:

In einer Welt der Ungewissheit kommt alles darauf an, die Kosten des Irrtums so gering wie möglich zu halten.

Hier ist die Rede von der alten Ungewissheit, der fundamentalen Ungewissheit der menschlichen Dinge. Niemand weiß alles. Entscheidend ist es daher, die Dogmatisierung von Antworten zu verhindern.

Monopolitische Herrschaft, sei sie autoritär oder totalitär, läuft immer Gefahr, einen Irrtum zur Staatsräson zu erheben.
Die Kosten des Irrtums werden dadurch gering gehalten, dass die Möglichkeit des Wandels in die Institutionen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eingebaut wird (S. 261).

Das ist schlicht angewandter Popper. Es bezeichnet auch den gemeinsamen Nenner dessen, was mit unserer Begrifflichkeit politische Demokratie, Marktwirtschaft und Bürgergesellschaft genannt werden kann.

Alle drei haben es mit den Kosten des Irrtums zu tun.

Sinn der Demokratie ist es, Möglichkeiten zu schaffen, Regierungen abzulösen, ohne dass Blut fließt oder unnötiges Leid verursacht wird.

Sinn der Marktwirtschaft ist es, das Angebot auf die Nachfrage und ihre wechselnden Präferenzen zu beziehen.

Sinn der Bürgergesellschaft ist es, vielen Gruppen Luft zum Atmen und zum Wirken zu eröffnen, so dass keine sich als Tyrann aufspielen kann. John Locke, Adam Smith und James Madison sind die respektiven Theoretiker der drei Thesen; andere sind ihnen gefolgt.

Bei Karl Popper finden sie sich in konzentriertester und eindringlichster Form (S.262).

Das Prinzip der Minimierung der Kosten des Irrtums ist allerdings leichter formuliert als realisiert.
Der Drang zum Dogma ist eine tief sitzende menschliche Untugend, die aus der Suche nach Schutz und Gewissheit geboren wird.
Menschen sind eben nicht von Natur aus liberal - im Gegenteil. Adam Smith hat die natürliche Neigung von Geschäftsleuten beschrieben, sich zum Kartell zusammenzuschließen.
Auch der politische Korporatismus in all seinen Formen führt zu Dogmatismus.
Sogar in den Bürgergesellschaften gibt es immer wieder die Neigung, vorhandene Vielfalt in jenen Koalitionen aufzuheben, die Mancur Olson für seine 'Sonderinteressengruppen' so lebhaft beschrieben hat.
Menschen werden also erst durch Zivilisierung liberal, und das heißt, dass wir Institutionen brauchen.


Zwei davon stehen im Vordergrund, sie sind der Kernbestand einer schlanken Staatsverfassung:

Erstens muss Innovation möglich sein. Das verlangt institutionelle Flexibilität, vor allem bei der Führung. Manfrau muss zweifeln, ob die parlamentarische Parteiendemokratie mit proportionaler Vertretung aller Gruppen Innovation fördert.
Auch die Verrechtlichung politischer Prozesse kann zu Stagnation und damit zur Gefährdung der Verfassung der Freiheit führen.
Deutliche Kompetenzen für die Regierenden und ein mehrheitsförderndes Wahlrecht bieten erkennbare Vorteile.

Zweitens muss der demokratische Nachschub funktionieren, das heißt die Kontrolle der Regierenden und die Eingabe der Impulse von Bürgern und ihren Organisationen. Hier ist klare Gewaltenteilung vor allem von Legislative und Exekutive sinnvoll.

Die Frage ob Parteien ihren Beitrag zum demokratischen Nachschub noch befriedigend leisten, wird vielfach gestellt, weil die Parteien so wie sie sind nicht nur ihre Wähler sondern sogar ihre Mitglieder enttäuschen.

ABER: die Vorzüge der repräsentativen Parteienregierung, andererseits der Referendumsdemokratie sind groß, aber sie verlangen eine noch nicht erkennbare Transformation der Parteien. Auch die Unabhängigkeit und Vielfalt der Medien gehört in dieses Kapitel.

Die Zivilisierung der Sehnsucht nach Gewissheit lässt sich nie durch Institutionen bewerkstelligen. Allerorten haben private Machtansprüche, oft im Verbund mit krassem Gewinnstreben, öffentliche Institutionen durchsetzt.
Politik, die sich als Geschäft generiert und umgekehrt ist mafios. Eine moralische Offensive tut not, um der schlanken Verfassung Sinn, ja Legitimität zu geben. Sie wird nicht von den normalen Trägern des politischen Prozesses kommen.
Vielmehr verlangt sie ein Element der bürgerlichen Unruhe, das auch sonst nötig ist, um Protektionismus und Kartellisierung auf zu stören. Diese Unruhe ist die erste Aufgabe aller Radikalen, die die Verfassung der Freiheit lieben. Sie verlangt eine Allianz unabhängiger Geister, mehr einen liberalen Club als eine Partei.


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