20070601

Konkurrenzkampf Monopolbildung zt-53

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Was Menschen des 20. Jahrhunderts beim Rückblick im Auge behalten müssen ist die Tatsache, dass gesellschaftliche Funktionen, die sich in der neueren Zeit differenziert haben, in dieser früheren Phase noch mehr oder weniger ungesondert sind.

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Literatur und Quellenhinweis:
Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation
Band 2 Erstmals veröffentlicht 1936
Francke Verlag: 1969 2. Auflage
Suhrkamp: 1976 1. Auflage
19. Auflage 1995
Ausgewählte Quoten und Gestaltung: Transitenator
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In der gesellschaftlichen Position des großen Feudalherren, des Fürsten vereinigte sich die Funktion des reichsten Mannes, des Besitzers der größten Produktionsmittel seines Gebietes, mit der Funktion des Herrschenden, des Besitzers der militärischen Verfügungsgewalt und der Jurisdiktion. Funktionen, die heute arbeitsteiligen Gruppen repräsentieren, wie etwa die Funktion eines Großgrundbesitzers und die Funktion eines Regierungsoberhauptes bilden hier noch untrennbar verbunden eine Art von Privatbesitz.

Das hängt damit zusammen, dass in dieser natural-wirtschaftenden Gesellschaft der Boden, in der späteren Gesellschaft hingegen das Geld (als Inkarnation der Funktionsteilung) das wichtigste Produktionsmittel bildet.

Es hängt aber nicht weniger damit zusammen, dass in der späteren Phase das Schlüsselstück jedes Herrschaftsmonopols, das Monopol der körperlichen, der militärischen Gewaltausübung, über größere Gebiete hin eine feste und stabile gesellschaftliche Institution bildet, während es sich in der vorangehenden Phase durch jahrhundertelange Kämpfe hindurch erst langsam entwickelt und zwar zunächst in der Form eines privaten, eines Familienmonopols.

Wir sind gewohnt zwei Sphären, Wirtschaft und Politik und zwei Arten von gesellschaftlichen Funktionen, wirtschaftliche und politische Funktionen voneinander zu unterscheiden.
Nichts ist weniger selbstverständlich.

Für alle naturalwirtschaftlichen Kriegergesellschaften (nicht nur für sie) ist das Schwert ein sehr nahe liegendes, ein unentbehrliches Mittel zum Erwerb von Produktionsmitteln und die Gewaltandrohung ein unentbehrliches Mittel der Produktion.

Erst wenn die Funktionsteilung sehr weit vorangetrieben ist, erst wenn sich als Resultat langer Kämpfe eine spezialisierte Monopolverwaltung heran gebildet hat, erst dann können sich Konkurrenzkämpfe um Konsumtions- und Produktionsmittel unter weitgehender Ausschaltung von körperlicher Gewaltandrohung vollziehen und erst dann existiert eine 'Wirtschaft' und 'Politik'.

Eine Konkurrenzsituation, bzw. Konkurrenzbeziehung stellt sich überall dort her, wo sich mehrere Menschen um dieselben Chancen bemühen, wo mehr Nachfragende vorhanden sind, als Chancen zur Befriedigung der Nachfrage, die Verfügung über diese Chancen mag in der Hand von Monopolisten sein oder nicht.

Die 'freie Konkurrenz' ist dadurch charakterisiert, dass sich hier die Nachfrage Mehrerer auf Chancen richtet über die noch nicht jemand verfügt, der außerhalb des Konkurrenzspielraums der Rivalisierenden steht.

Ein freier Konkurrenzkampf entsteht beispielsweise dann auch, wenn sich unter mehreren, die interdependent sind, Böden und kriegerische Chancen so gleich verteilen, dass niemand von ihnen unzweideutig der Chancenreichste, der gesellschaftlich Stärkste ist, also in jener Phase der Beziehungen zwischen feudalen Kriegerhäusern oder zwischen Staaten, in der keiner dem Rivalitätsspielraum der anderen entwachsen ist, also noch kein zentralisiertes Herrschaftsmonopol besteht.

Ein freier Konkurrenzkampf entsteht ebenso, wenn sich Geldchancen unter viele, interdependent Verbundene in dieser Weise relativ gleichmäßig verteilen; und hier wie dort wird der Kampf um so intensiver, je mehr die Bevölkerung, je mehr die Nachfrage nach solchen Chancen wächst, wenn nicht zugleich auch diese Chancen selbst wachsen (S. 207).

In den Kämpfen der feudalen Kriegerhäuser wirken beide Arten der Kampfmittel, beide Formen der Gewalt (körperlich-kriegerische und wirtschaftliche) noch, ziemlich ungetrennt voneinander, zusammen. Freie Konkurrenzkämpfe einer größeren Anzahl von Rivalen führen zu einer immer kleineren Anzahl von Rivalen.

Das gesellschaftliche Phänomen der Monopolbildung ist nicht auf Prozesse beschränkt, an die man heute denkt, wenn von Monopolbildung die Rede ist.

Die Akkumulation von Besitzchancen stellt nur einen historischen Schub von Monopolbildungen unter vielen anderen dar.

Funktionsgleiche Prozesse, also Tendenzen zu einem Aufbau des menschlichen Beziehungsgeflechts, bei dem einzelne Menschen oder Menschengruppen durch mittelbare oder unmittelbare Gewaltandrohung den Zugang anderer zu bestimmten, umworbene Chancen beschränken und regeln können.
Solche Prozesse treten in mannigfacher Gestalt und an verschiedenen Stellen der Menschheitsgeschichte auf (S. 208).

Für alle Beteiligten steht ihre soziale Existenz auf dem Spiel und das ist das Zwingende an diesen Kämpfen.
Das macht diese Kämpfe unvermeidlich und unentrinnbar.

Ist eine Gesellschaft in eine Bewegung dieser Art geraten, dann steht in der noch monopolfreien Sphäre jede soziale Einheit immer vor der gleichen Alternative: entweder:
besiegt zu werden (Gefangenschaft, Not, materielle Not, soziales Absinken, Verlust der gesellschaftlichen Selbständigkeit, Übergang in abhängige Positionen, Aufgehen in einem größeren gesellschaftlichen Komplex und damit Zerstörung dessen was zunächst einmal für ihr Bewusstsein ihrem Leben Sinn, Wert und Dauer gab)
oder sie können siegen.

Aber dieser Sieg bedeutet über kurz oder lang die Gegenüberstellung und Auseinandersetzung mit einem Rivalen der neuen Größenordnung. Die bloße Erhaltung der sozialen Existenz erfordert in der Situation der freien Konkurrenz immer zugleich deren Vergrößerung.

Der Gewinn des Einen ist hier notwendigerweise der Verlust des Anderen. (S. 208).

Wird eine bestehende soziale Existenz zerstört, so wird all das was in ihren Augen ihrem Leben Sinn und Glanz gibt, die Selbständigkeit ihrer Herrschaft, die unabhängige Verfügungsgewalt über ihren Hausbesitz, ihre Ehre, ihr Rang ihr gesellschaftliches Ansehen vernichtet.

Die Rivalitäten treiben langsamer oder schneller auf eine neue gesellschaftliche Ordnung, auf eine Monopolordnung voran und an die Stelle der monopolfreien Konkurrenzkämpfe treten monopolistisch gebundene Konkurrenzkämpfe.

Erst mit der Bildung solcher Monopole stellt sich schließlich auch die Möglichkeit zur Lenkung der Chancenverteilung unter den aneinander gebundenen Menschen ein. Diese Vormachtbildung bedeutet den sozialen Untergang als selbständige, soziale Einheiten (S. 211).

In der kapitalistischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und vor allem des 20. Jahrhunderts tritt der allgemeine Drang zu einer wirtschaftlichen Monopolbildung deutlich in Erscheinung, gleichzeitig eine analoge Tendenz zur Vormachtbildung im Wettstreit der Staaten (S. 211).

Anfangs des 16. Jahrhunderts stehen einander das Habsburger Kaiserhaus und das Haus der französischen Könige gegenüber, jetzt als Rivalen einer ganz neuen Größenordnung.

Sie ringen miteinander um die Chancen und die Vormacht in einem noch größeren Gebiet, für das noch kein Herrschaftsmonopol besteht, also als freie Konkurrenten.
Und die Rivalität zwischen ihnen wird für geraume Zeit zu einer Hauptachse des werdenden europäischen Spannungssystems.

Das französische Herrschaftsgebiet ist beträchtlich kleiner als das Hausgebiet der Habsburger, aber es ist erheblich stärker zentralisiert und es ist vor allem geschlossener, nämlich militärisch durch 'natürliche Grenzen' besser geschützt (S. 218).

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