20070523

Kreuzzüge Mittelalter Geld Wirtschaft zt-45

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Im Mittelalter: Boden wird knapp. Innere und äußere Kolonisation gehen Hand in Hand. Am Beginn der Kreuzzüge stehen der Druck und die verschlossenen Chancen in der Heimat; die Auswanderung Einzelner und deren Erfolg ziehen andere nach sich. Das Ganze war eigentlich nicht geplant. Kreuzfahrer lassen sich vom oströmischen Kaiser die zu erobernden Länder als Lehen geben und gründen neue feudale Territorialherrschaften.

Ohne dem sozialen Druck im Inneren wäre nichts zustande gekommen.

Die Spannungen im Innern dieser Gesellschaft kamen nicht nur als Verlangen nach Boden und Brot zum Ausdruck. Sie lasteten als seelischer Druck auf dem ganzen Menschen. Der gesellschaftliche Druck gab die bewegende Kraft, wie ein Motor Strom gibt.
Er setzte die Menschen in Bewegung. Die Kirche lenkte die vorgegebene Kraft. Sie nahm die Not auf und gab ihr eine Hoffnung und ein Ziel außerhalb Frankreichs. Sie gab dem Kampf um neue Böden einen umfassenden Sinn und eine Rechtfertigung. Sie ließ ihn zu einem Kampf für den Glauben werden. Die Kreuzzüge sind eine spezifische Form der ersten großen Expansions- und Kolonisationsbewegung des christlichen Abendlandes.

Wenn dann der Prozess der Zivilisation, mit ihm die Bindung und Regelung des Trieblebens, fortschreitet (in den oberen Schichten stärker), dann nimmt auch der Kinderreichtum langsam ab.

Aber in jener ersten Phase vermehrten sich die Herrschenden des Kriegerstandes so rasch wie die unteren Karnickel. Es bildet sich eine Reservearmee der Oberschicht. Die abendländische Ausbreitungsbewegung bekam den Hauptimpuls aus der Landnot der Ritter. Neue Böden konnten nur mit dem Schwert erobert werden.

Der Menschenüberschuss der Oberschicht, des Adels, gab dieser ersten Expansions- und Kolonisationsperiode ihr besonderes Gepräge. Die Abgedrängten aus der Nicht-Adeligen Schicht bilden das Menschenmaterial der werdenden Stadtkommunen.

Die Habenichtse unter den Rittern zeigen sich in den Jahrhunderten unter den verschiedensten sozialen Charaktermasken: Kreuzritter, Raubritter, Bandenführer, Soldritter, Minnesänger..

Jedes Stück Land kommt in festen Besitz. Die Nachfrage nach Land bleibt bestehen oder wächst noch. Drang nach neuen Böden. Manfrau hat geglaubt, das Besitzstreben sei eine kapitalistische Eigenart, aber im Mittelalter stellte Bodenbesitz die wesentliche Form des Besitzes dar.

Das Erwerbsstreben hat also hier eine andere Form und eine andere Richtung. Es verlangt andere Verhaltensweisen.

Zu dieser Zeit haben sich politische und militärische Funktionen (Aktionen) noch nicht von den ökonomischen differenziert wie später. Diese sind weitgehend identisch. Das Streben nach Reichtum = Streben nach Boden = Streben nach Macht. Der Reichste ist auch der militärisch Mächtigste.

Der Inhaber einer Gutsherrschaft stand einem anderen Gutsherrscher wie ein Staat dem anderen gegenüber. Und so ist es der einfache Mechanismus in dieser Phase der inneren und äußeren Expansion, dass sowohl die reicheren und mächtigen Ritter wie die ärmeren in Bewegung sind um den eigenen Besitz zu vergrößern. Wichtig dann die Hausmacht.

Auch die Menschen der Unterschicht wurden vom Boden abgedrängt. Hier führten die Zwänge zu einer Differenzierung der Arbeit. Die vom Boden abgedrängten Unfreien bildeten das Material für die werdenden Handwerkersiedlungen, die sich langsam an günstig gelegene Herrensitze ankristallisierten, das Material für die werdenden Städte.

Ab dem 9. Jahrhundert Agglomerationen von Menschen, Städte wäre zu viel gesagt. Es waren Festungen und zugleich landwirtschafliche Verwaltungszentren größerer Herren. Für jegliche wirtschaftliche Aktivität darin bildete allein die Gutswirtschaft, die Domäne des Gutsherrn, den Rahmen. Manfrau produzierte und konsumierte im wesentlichen auf dem gleichen Platz.

Im 11. Jahrhundert kamen diese Gebilde ins Wachsen. Man schloss sich zusammen und erzwang sich allmählich neue Rechte. Es handelt sich um die ersten Befreiungskämpfe arbeitender bürgerlicher Menschen.

Dieser langsame Auftrieb der unteren arbeitenden städtischen Schichten zu politischer Selbständigkeit, zunächst in Gestalt des Berufsbürgertums enthält den Schlüssel zu fast allen jenen strukturellen Besonderheiten durch die sich die abendländischen Gesellschaften von denen des Orients unterscheiden, und durch die sie ihr spezifisches Gepräge gewinnen (S. 60).

Eine Reihe von Handwerkersiedlungen, Kommunen erstreitet sich eigene Rechte und Rechtsprechung, Privilegien und Autonomie. Ein dritter Stand von Freien (außer Adel und Klerus) tritt neben die anderen. Die Gesellschaft expandiert gewissermaßen auch im Inneren: sie differenziert sich und setzt neue Zellen an, sie bildet neue Organe, die Städte. (Städte sind aber keine abendländische Erfindung).

Mit der wachsenden Differenzierung und neuen größeren Märkten, wächst auch der Bedarf an mobilen und einheitlichen Tauschmitteln. Die Ketten zwischen Produzenten und Konsumenten werden allmählich länger. Sind die Ketten kurz brauchts kein Geld, keine Recheneinheit, keine Tauschmittel. Nun mit der Herauslösung aus dem Gutshof, mit der Ausbildung eines wirtschaftlich selbständigen Handwerks kompliziert sich das Geflecht der Tauschakte. Die Ketten werden länger. Manfrau braucht mehr Geld.

Das Geld ist in der Tat eine Inkarnation des gesellschaftlichen Gewebes, ein Symbol für das Geflecht der Tauschakte und der Menschenketten, in die ein Gut auf dem Wege von seinem Naturalzustand zur Konsumtion gelangt. Manfrau braucht es erst, wenn sich innerhalb einer Austauschgesellschaft längere Ketten bilden, also bei einer bestimmten Bevölkerungsdichte, einer größeren, gesellschaftlichen Verflechtung und Differenzierung (S. 62). Zuerst gab es nur byzantinische Goldmünzen (Aus dem Orient).

In der Karolingerzeit reiste noch der König von Pfalz zu Pfalz, um die Produkte seiner Güter gewissermaßen an Ort und Stelle zu verzehren. Es war so beschwerlich, die Gütermengen, die man zu seiner Ernährung brauchte hin und her zu bewegen, dass sich die Menschen zu den Gütern bewegen mussten (S.64).

Das Wachstum der Binnenlandverflechtung drängte zur Entwicklung der Landverkehrsmittel. Die Landtransportmittel und Geräte zur Ausnutzung der tierischen Arbeitskraft werden verbessert. In einem gewaltigen Konstruktionseifer wird der Nutzungsbereich der tierischen Arbeit vergrößert. Das Hufeisen erscheint.

Und im 13. Jahrhundert ist im Prinzip die moderne Zugtechnik für Pferd und auch für Zugvieh geschaffen. Nun Räderkarren, Ansätze zu Straßenpflasterung. Wassermühle.

In der Antike kein genagelter Eisenhuf. Zentrierung des Hauptverkehrs um die Wasseradern ist für den Aufbau der antiken Gesellschaft nicht wenig charakteristisch. Wie schmale Nervenstränge waren die größeren, städtischen Siedlungen an den Wasserwegen entlang in die weiten Landgebiete eingelagert.

Das Meer (nostre mare) war für das Römerreich die Grundlage seiner politischen und seiner wirtschaftlichen Einheit. Die Besiedelung erfolgte um ein Meer. Nach Mohammed werden die Araber warum auch immer unternehmenslustig. Aus dem römischen Meer wird ein arabisches. Und die alte Bedeutung des Mittelmeeres als Verkehrsmittel und Bindemittel wird zerstört.


Die gesellschaftliche Verflechtung des Abendlandes war im Mittelalter anders als in der Antike. Aber es war in gewisser Hinsicht ein Aufbau auf älteren Fundamenten. Aber der Motor der Bewegung lag nicht im 'Lernen von der Antike'. Er lag im Innern dieser Gesellschaft selbst, in ihren Automatismen, in den Bedingungen, unter denen sich die Menschen miteinander einrichten mussten. Auch die Automatismen waren nicht die gleichen wie in der Antike.

Zwei Strukturunterschiede im Vergleich zur Antike:
1. Es fehlte in der Gesellschaft des Abendlandes die billige Arbeitskraft der Kriegsgefangenen, der Sklaven und
2. die Wiederbesiedelung vollzog sich im Binnenland und im Zusammenhang mit Landverkehrsadern.

Was geschieht bei Sklaverei?
Diese treibt die Freien aus der Arbeit (als einer unwürdigen Beschäftigung). Es bildet sich neben einer nichtarbeitenden Oberschicht eine nichtarbeitende Mittelschicht. Die Reproduktion des Kapitals ist an die Reproduktion der Sklaven gebunden.

(Anmerkung: Hier werden rationale Motive unterstellt. Das beantwortet aber nicht, warum manfrau keine Sklaven mehr 'gemacht'/gehabt hat. War es lustiger die Gefangenen zu metzeln und zu verstümmeln und dann selber zu arbeiten oder hatte man eh schon genügend Quasi-Sklaven, also Leibeigene und Ähnliches? Viel später in Amerika gab es wieder Sklaverei. Eine Reihe von Fragen bezüglich der Sklaverei bleibt hier offen).

Das Fehlen von Sklavenimporten und von Sklavenarbeit gibt den Arbeitenden auch als Unterschicht, ein beträchtliches, gesellschaftliches Schwergewicht. In der Folge (z.B. heute) zieht die abendländische Gesellschaft bei wachsender Abhängigkeit aller von allen, die ehemals nicht arbeitenden Oberschichten in den Kreislauf der Arbeitsteilung hinein. Auch die technische Entwicklung und die Entwicklung des Geldes hat das Fehlen von Sklavenarbeit und die Entwicklung freier Arbeit zur Voraussetzung.

Das Mittelalter war keine statische Periode (versteinerter Wald), es gab Phasen voller Bewegung, Expansion, fortschreitende Arbeitsteilung, gesellschaftliche Transformationen und Revolutionen, Verbesserung der Arbeitsgeräte und Transportgeräte (S. 75).

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Literatur und Quellenhinweis:
Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation
Band 2 Erstmals veröffentlicht 1936
Francke Verlag: 1969 2. Auflage
Suhrkamp: 1976 1. Auflage
19. Auflage 1995
Exzerpt und Gestaltung: Transitenator
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